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Letzte Änderung:
10.10.2003
© 1996 - 2003 Christiane Eichler
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Andere Spitze

Die Techniken, mit denen Spitze entstehen kann, sind sehr zahlreich. Viele unterscheiden zwischen echter Spitze (zu der je nach Autor nur geklöppelte und Nadelspitzen gehören, manchmal auch noch Filet) und unechten Spitzen, obwohl ich diese Unterscheidung ein wenig unfair finde. Man sollte eher von den traditonellen Spitzentechniken sprechen (eben Klöppelspitze, Nadelspitze und geknüpfte Filetspitze) und den anderen späteren Techniken, die teilweise erst im 19. Jahrhundert aufkamen, nachdem die große Zeit der Spitze eigentlich schon vorbei war. Allen Spitzen gemeinsam ist der offene Charakter des entstandenen Gewebes und die Tatsache, daß sie nicht auf einem gewebten Grundgewebe entstehen (im Unterschied zu Stickereien), bzw. das Grundgewebe nach der Herstellung vollständing entfernt wird.

Wenn wir also einmal schauen, welche Techniken es gibt, so finden sich einerseits solche, die ausschließliche Spitzentechniken sind, und andere, aus denen auch anderes als Spitze entstehen kann. Zu den ausschließlichen Spitzentechniken gehören Klöppelspitze, Nadelspitze, die Bändchenspitze und das Occhi. Andere Techniken sind das Häkeln, Stricken, Makramee, Filet und Sprang.

Die Technik, in der heute die meiste Spitze handgearbeitet wird, ist das Häkeln. Es werden sehr viele Muster veröffentlicht, und auch in der 3. Welt, wo heute noch Spitze zum Verkauf gearbeitet wird, wird sehr oft gehäkelt. Man denke nur an die billig importierten Häkeldeckchen, die man überall zu Spottpreisen auf Wochenmärkten oder in Warenhäusern kaufen kann. Der Vorteil dieser Technik ist, daß sie sehr schnell geht, daß Häkeln zumindest in der westlichen Welt immer noch zu den ersten Handarbeitstechniken gehört, die Kinder lernen, und daß man nur sehr wenig Werkzeuge braucht, nämlich nur die Häkelnadel und Garn. Außerdem hat man nur einen Faden, und die Bewegungen sind recht einfach zu koordinieren, so daß die Technik leicht zu erlernen ist.

Das Spitzenhäkeln ist im 19. Jahrhundert aufgekommen, als auch Frauen wohlbegüterter Männer "fleißig" zu sein hatten und Handarbeit in Mode kam. Eine Spitzenhäkelei ist einfach zu transportieren und erfordert auch nicht ganz so viel Konzentration wie andere Handarbeiten. Aber auch als Broterwerb ist das Spitzenhäkeln im 19. Jahrhundert viel geübt worden. Als in Irland eine große Hungersnot herrschte, führten adelige Damen diese Technik als zusätzlichen Broterwerb ein. Es gab Schulen, und die Erzeugnisse wurden vor allem in England, aber auch auf dem Kontinent verkauft. Die typische irische Spitze, die laut einigen Autoren zu den "echten Spitzen" gehört, ist in dieser Zeit entstanden. Sie ahmt venezianische Nadelspitzen nach, hat aber auch einen dreidimensionalen Effekt.

Auch das Spitzenstricken ist im 19. Jahrhundert aufgekommen, gleichzeitig mit einer neuen Handhaltung für die Nadeln, die "eleganter" sein sollte, aber das Arbeitstempo beträchtlich bremst. In den 30iger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts gab es in Deutschland eine regelrechte Modewelle des "Kunststrickens". Erhard Niebling war einer der großen Entwerfer, der selbst strickte, und ein Muster nur auf dem Papier entwerfen konnte. Er war ein ganz großes Genie, wie seine Entwürfe zeigen, die noch heute immer wieder einmal vom Burda-Verlag veröffentlicht werden.

Die Nadelspitze ist ein sehr weites Feld, in dem es zahlreiche Techniken gibt. Sie ist die Urmutter aller Spitzen, obwohl sowohl das Klöppeln als auch die Nadelspitze in etwa zeitgleich entstanden sind. Sie hat sich aus dem Doppeldurchbruch und anderen Durchbruchtechniken entwickelt, doch später benutzte man kein Grundgewebe mehr, aus dem man Teile ausschnitt, sondern arbeitete auf einer festen Unterlage (Pappe, oft mit Leinen verstärkt, oder Pergament). Auf dieser Unterlage wurden Hilfsstiche angebracht, dann ein Grundgerüst an Fäden gespannt und diese dann mit Spitzenstichen mit der Nadel ausgefüllt. Die Hilfsstiche und die Pappe wurden nach Beendigung der Arbeit entfernt. Diese Arbeit auf einer festen Unterlage ist auch für die Irische Häkelspitze charakteristisch, weshalb sie es auch geschafft hat, in den Rang einer echten Spitze erhoben zu werden. Eine heute noch viel gearbeitete Technik ist die Makramee-Häkelspitze, die eigentlich eine Nadelspitze ist. Ihren Namen hat sie von den gehäkelten Kordeln, die auf einer Unterlage festgenäht werden, und dann mit Spitzenstichen verbunden werden.

Nahe verwandt mit der Nadelspitze ist auch die Bändchenspitze. Sie ist ebenfalls erst im 19. Jahrhundert aufgekommen, meist als Imitation geklöppelter Bändchenspitze. Sie wird aus maschinell gefertigten Bändern hergestellt, die auf eine Unterlage genäht werden und deren Zwischenräume mit Spitzenstichen verbunden werden.

Spitze aus Makramee ist eher selten gearbeitet worden (nicht zu verwechseln mit der Makramee-Häkelspitze, die mit Makramee nur den Namen gemeinsam hat). Es gibt in der Literatur nur recht wenige Beispiele für Muster. Es existieren einige Beispiele aus dem 16. Jahrhundert in Museen. In dieser Zeit ist sehr viel mit den verschiedensten Techniken experimentiert worden, doch haben sich nur Klöppel- und Nadelspitze auf Dauer etablieren können. Makrameespitze ist im Grunde genommen auch nichts anderes als das normale Makramee, das mit sehr feinem Garn geknüpft wird. Auch das Makramee-Fieber, das in den siebziger Jahren aufkam, hat daran nichts an der Tatsache geändert, daß die Makrameespitze eher selten ist. Eine mit der Makrameespitze verwandte Spitzenform ist die Makrameespitze

Es gibt noch eine Sonderform der Makrameespitze, die erst kürzlich wiederentdeckt worden ist, die sogenannte Margaretenspitze. Diese Spitzensorte ist von Margarete Naumann zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt worden. Sie wollte damit die Spitzenmacherei im Erzgebirge wiederbeleben, was ihr jedoch nicht gelungen ist. Sie hatte all ihre Erfahrungen in einem Manuskript zusammengefaßt, das jedoch in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges in einem Bombenangriff verbrannt ist. Leider hatte sie keine Zeit mehr, das Manuskript neu zu schreiben, da sie schon kurz nach Kriegsende verstorben ist. Nur durch Arbeiten ihrer Schülerinnen, die sich in einem Plauner Museum befinden, konnte diese Technik wiederentdeckt werden. Einige der Arbeiten konnten jedoch bis heute noch nicht soweit analysiert werden, daß man sie nacharbeiten kann.

Die echte Filetspitze hingegen ist im 16. Jahrhundert sehr viel gearbeitet worden. Es handelt sich dabei um ein quadratisch geknüpftes Netz, das dann mit einer Nadel kunstvoll bestickt wird. Weil es zeitlich mit der echten Spitze entstanden ist, wird es oft zu diesen gezählt, obwohl es sich eher um eine Stickerei handelt. Man kann das Netz von Hand knüpfen, heute aber auch maschinell gefertigt kaufen. Eine Abart dieser Technik, das Rundfilet, wo schon beim Knüpfen das Netz verziert wird, ist meines Wissens nicht so alt wie das gestickte Filet.

Sprang ist eine sehr alte Technik, die aber heute kaum noch ausgeübt wird. Bei ihr werden Fäden längs über einen Rahmen gespannt, und diese Fäden dann mit der Hand miteinander verschränkt, bis ein haltbares Gewebe entstanden ist. Das Sprangen gilt auch als Vorläufer des Webens.

Immer wieder hat man versucht, einzelne Techniken in anderen zu imitieren. Dabei ist Häkeln wohl die Spitze, bei der das am besten gelingt. Sie imitiert Bändchenspitze (Brügger Häkelei), Torchon (eine Klöppelspitzenart), Guipure-Spitze, Nadelspitze, Occhi, Filet (Filethäkelei ist nur die Häkelei, die den Gittergrund des Filets versucht nachzuahmen, nicht, wie leider heute manche Zeitschriften den Begriff gebrauchen, Spitzenhäkeln allgemein) und vieles andere. Aber auch das Occhi hat versucht, der Nadelspitze gleichzukommen, auch habe ich schon Occhi-Filet gefunden. Die Klöppelspitze war ursprünglich eine Imitation der Nadelspitze, als aber bestimmte Klöppelspitzen Mode wurden, wurde wiederum die Klöppelspitze von der Nadelspitze nachgeahmt. Trotzdem hat jede Spitzenart ihre Eigenheiten, die sie nicht verleugnen kann, und in jeder Spitzenart gibt es Besonderheiten, die jeweils nur schwer von den anderen Techniken nachzuahmen sind. Und auch die Spitzensorten, die sehr häufig andere nachahmen, haben eine eigene Charakteristik, und oft auch eigene typische Muster entwickelt.

Die letzte Möglichkeit, Spitze herzustellen, möchte ich nicht vergessen, denn sie ist heute von überragender Bedeutung: Die Maschinenspitze. Dabei sind viele Techniken mehr vom Weben abgeleitet, so daß es sich zwar um offene Gewebe handelt, aber eigentlich keine wirkliche Spitze darstellt. Die sogenannte Ätzspitze und deren Abkömmlinge, bei der auf einem Chemiefaser-Grundgewebe von Maschine mit Baumwollfaden gestickt wird, ist noch am ehesten eine echte Spitze. Denn das Grundgewebe wird später durch Chemikalien weggeätzt. Die bekannte Plauener Spitze ist zum Teil so hergestellt.

Die zweite "echte" Maschinenspitze ist die auf der Maschine gearbeitete Klöppelspitze. Sie sieht der echten Klöppelspitze sehr ähnlich, doch lassen sich nicht alle Strukturen der Handklöppelspitze nachbilden. Sie wird jedoch im Prinzip wie echte Klöppelspitze gearbeitet, wenn auch ohne Pappmuster und Nadeln. Die Klöppel (Spulen) werden in diesem Fall von der Maschine geführt. Von ihr gibt es zahlreiche unterschiedliche Sorten, von einfacher grober Torchon-Spitze bis zu feinster Chantilly.

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